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Die großen Tradingsünden Teil 2: Exit

Die letzte Kolumne haben wir zum Start dieser Serie dem Stop Loss gewidmet. Und dabei dargelegt, dass ein optimal eingesetzter Stoppkurs Kapitalerhalt nicht nur überhaupt erst ermöglicht, sondern auch ungemein zum Tradingerfolg allgemein beiträgt, vor allem als Grundlage zur flexiblen Positionsgrößenbestimmung.
Diese Woche wollen wir betrachten, welche Fehler beim Ausstieg aus einem laufenden Gewinntrade gemacht werden, und wie man mit klaren Regeln die Performance deutlich steigern kann.

Hartnäckig hält sich in breiten Kreisen die Meinung, dass hauptsächlich der Ausstieg über Erfolg oder Scheitern einer Strategie entscheidet. Dem muss ich an dieser Stelle klar widersprechen. Der Exit ist zwar zweifellos sehr wichtig. Aber er hat nicht mehr und nicht weniger als einen gleichwertigen Rang im idealerweise harmonisierenden Pentagramm neben Entry, Risikomanagement, Psyche und Moneymanagement inne. Um die zugewiesene Rolle zufrieden stellend ausführen zu können, bedarf es nun eines souveränen Plans, wie ein Trade nach dem Einstieg weiter gemanagt werden soll.

Teil 2: Der geplante Ausstieg

Ich war schon sehr überrascht davon, wie wenige meiner gecoachten Klienten zu diesem wichtigen Faktor auch nur halbwegs ausgereifte Konzepte ausgearbeitet hatten. Die dann auch noch diszipliniert eingehalten werden müssen, das nächste große Problem. Das Gros der Daytrader vertraut offenbar nur den eigenen Instinkten, Trades werden also nach Gefühl geschlossen. Der Rest stolpert von einem Experiment zum nächsten, beim Versuch den optimalen Ausstiegspunkt zu erhaschen. Ordentlich durchgeführte Backtests mit einer geeigneten Software liefern Klarheit und bieten strukturierte Lösungskonzepte.

Die Palette der in Frage kommenden Werkzeuge ist riesig. Es lassen sich aber vier übergeordnete Ansatzpunkte definieren.

a: Kein eigens definiertes Ausstiegsszenario

Ein Trade wird lediglich in das darauf folgende Gegensignal getauscht, außer einem Stop Loss werden also keine weiteren Parameter beachtet. Kommt fast ausschließlich nur in Frage für vollautomatische Systeme mit hoher Signaldichte. Sollte für 99% der Trader also erst gar kein Thema sein, und wird von mir auch nicht näher verfolgt.

b: Kursziele

Feste Targets haben vielerlei Vorteile. Sehr simpel in der Anwendung, sie halten einen von kontraproduktivem Aktionismus ab, und funktionieren fast universell. Meine persönlich bevorzugte Variante, und triumphiert auch fast immer in den bisher durchgeführten Coachings. Man muss nicht ständig das Geschehen verfolgen, und kommt so auch nur sehr selten in Versuchung, in den sorgfältig ausgearbeiteten Tradingplan manuell einzugreifen. Mit dann fast immer nachteiligen Ergebnissen. Neben den rudimentären absoluten und prozentualen Kurszielen können diese noch viel raffinierter berechnet werden anhand der Volatilität, Retracements, Pivotmarken, diversen Indikatoren wie dem gegenüber liegenden Bollinger Band etc.

Man sollte die Sache nie unnötig verkomplizieren, volaabhängige Kursziele haben mir in größeren Zeitfenstern immer gute Dienste erwiesen.

c: Trailing Stopps

Im Gegensatz zu fixen Kurszielen bieten Trailing Stopps hin und wieder die Chance auf dicke Big Points, dann wenn ein Trend richtig schön abzieht. Dafür erfordern viele Underlyings aufgrund deren unterschiedlicher Charakteristika etwas andere Einstellungen. Und man gibt von den Extrempunkten im Chartverlauf bis zum Auslösen des nachgezogenen Stopps jedes Mal etwas Gewinn her. Für unvolatile Basiswerte mit wenigen hektischen Ausschlägen aber die erste Wahl. Der Phantasie sind bei der Wahl der Berechnungsgrundlage keinerlei Grenzen gesetzt. Von Stopps die unter lokale Hochs/über Tiefs der aktuellen Periode nachgezogen werden, über einen sich immer enger an den Kursverlauf schmiegenden parabolischen Stopp bis hin zu simpleren festen oder volaabhängigen Abständen und Dutzenden weiteren Setups ist das Reservoir beinahe unerschöpflich. Begrenzt meist einzig und allein von den technischen Voraussetzungen bzw. den eigenen Programmierkenntnissen.

d: Diskretionärer Ausstieg

Der manuelle Exit nach Einschätzung des Traders findet sein Publikum an den jeweiligen Enden des möglichen Spektrums; sowohl bei Anfängern als auch manchen absoluten Profis. Erstere setzen ihn meist aufgrund mangelnder Alternativen und Kenntnissen ein, und gelangen sehr rasch zur Einsicht, dass man sich besser bewährten Hilfsmitteln zuwendet. Erfolgreich selbst sinnvolle Stopplevel zu finden und ständig nachzuziehen erfordert Konzentration, jahrelange Erfahrung und Disziplin. Wer aber eben im Laufe der Jahre die Tücken und Raffinessen seiner favorisierten Underlyings kennen lernt, wird sich mit anderen Varianten nicht mehr zufrieden geben.  

Nun wollen wir uns wieder Beispielen aus der Praxis zuwenden.

Fallbeispiel 3

Klient C trat mit mir in Verbindung, weil er in Erfahrung bringen wollte, ob sein sich bisher im Einsatz befindliche Trailing Stopp konkurrenzfähig, oder anderen Methoden hoffnungslos unterlegen ist. Bis zum Zeitpunkt des Coachings fand ein Stopp von 20 Punkten für sein 60min-Trading des Dax Verwendung, der aber erst ab einem Gewinn von 20 Punkten den Initial Stopp von der gleichen Größe ablöste. Eine generelle 20-Punkte Regel also, die in knapp fünfeinhalb Monaten beim Handel von jeweils einem Kontrakt zur Ertragskurve von Abbildung 1 führte.

Neben der schmerzlichen Delle des heftigen Drawdowns stechen generell große Schwankungen ins Auge. Wirklich schöne Trends konnten in der ganzen Periode von insgesamt 79 ausgeführten Trades auch nur zweimal ausgenutzt werden. Eine Optimierung der Parameter ergab, dass dem Stop Loss generell mehr Platz eingeräumt, der Trailing Stopp dagegen halbiert werden sollte auf 10 Punkte. Damit wäre in der Vergangenheit schon eine Steigerung der Trefferquote von 61% auf 70% drin gewesen, sowie beinahe eine Verdreifachung des Profits, bei geringerem Drawdown. Richtig explodiert von 5.500€ auf 26.000€ ist der Ertrag dann bei einem Wechsel vom Trailing Stopp auf volaabhängige Kursziele und Stop Loss. Als stabilste Variante empfahl sich dabei ein simples CRV von 2, also einem Target welches doppelt so groß ist wie der SL.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen (Abb. 2). Der Nachteil darin bestand in einem Abfall der Trefferquote auf nur noch 48%. In einem mehrwöchigen Praxistest muss sich nun heraus kristallisieren, welche Version die Sympathie des Klienten erlangt. Ich persönlich rate immer zum ignorieren der Trefferquote und der Beachtung des Profit Faktors und dem Drawdown, weiß aber um dessen psychologisches Element.

Fallbeispiel 4

Vor einigen Monaten begann eine sehr interessante Zusammenarbeit mit einem professionellen Daytrader, der im 1min-Chart des FDax achtbare Erfolge feiert. Er handelt absolut diskretionär, braucht nur den nackten Chart um seine Einstiege zu finden, und stellt sofort glatt wenn seiner Meinung nach Gefahr droht. Seine Absicht bestand ursprünglich eigentlich nur darin, gemeinsam ratsame Filter für seine sehr exzessiven Einstiege zu finden. Damit waren wir auch erfolgreich, aber ein absoluter Bonus war die Empfehlung simpler neuer Ausstiegsbedingungen. Ursprünglich wurden laufende Trades bei jedem Zaudern des Kurses entweder sofort geschlossen, oder der Stopp wurde zu rasch zu eng nachgezogen. Diese eher nervöse Verfahrensweise änderten wir dahingehend, dass wir einen Zeitstopp sowie ein Kursziel zum Einsatz brachten. Sollte also nicht innerhalb von zehn Minuten ein Kursgewinn von zehn Punkten erreicht werden, wird glattgestellt. Zwei Beispiele sind in Abbildung 3 zu sehen. Der erste Longtrade findet dank des Zeitstopps nach zehn Minuten ein besseres Ende, als der diskretionäre Ausstieg vier Minuten darauf zugelassen hätte. Und beim zweiten Long führt das Ignorieren der intuitiven Einschätzung zu einem schönen Erfolg am Kursziel. Die etwas positivere Performance seit dem Wechsel zu diesem Setup ist zwar schon angenehm genug. Die wirkliche Weiterentwicklung bestand aber darin, dass der Trader dank der festen Regeln endlich seine Zweifel los war, an welcher Stelle er denn nun seinen Ausstieg setzen sollte. 

Fazit & Vorschau

Ein Einstieg kann noch so gut getimt sein, Erfolg wird erst möglich durch die Kombination von Verlustbegrenzung und dem Ausstiegsszenario. Man muss sich schleunigst von der Vorstellung verabschieden, dass „irgendwo da draußen" der perfekte Exit auf einen wartet. Aber erfolgreiche Kompromisse zwischen Gewinne laufen lassen und rechtzeitig die Reißleine ziehen gibt es genügend. Vor allem beim Ausstieg ist es sehr wichtig, einen hohen Wohlfühlfaktor zu erzielen. Testen Sie am besten mit einem Demo- oder Miniaccount, ob Ihnen ein Trailing Stopp oder ein Kursziel besser liegt, und simulieren Sie diverse Abstimmungen, bevor Sie sich damit in die Praxis stürzen.

Das nächste Mal wollen wir uns den größten Sündenbock vieler Trader vorknöpfen, den Entry. Mit simplen Regeln und Filtern lassen sich Selbstvertrauen aufbauen, kontraproduktiver Aktionismus vermeiden, und die Basis für eine langfristig positive Performance legen.

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